Mein neues Tablet und Notebook ist ein Chromebook
Vorigen Sommer hatten wir ja so ein kleine Malheur mit Wasser – das bis vor 4 Wochen anhielt.
Wie fast alles, was wir nicht für die ursprünglich geplante 3-4 Wochen zurückbehalten hatten, war mein Computer für Monate in einem 20 Fuß-Container eingelagert. Ein paar Wochen geht das schon mit Smartphone und Tablet…
Aus den Wochen wurden Monate und irgendwann fragte mich mein Nachbar, als ich wiedermal seinen Rechner brauchte, warum ich eigentlich keinen Laptop habe. Tja, warum eigentlich?
Genau genommen habe ich ja noch ein Notebook: Mein JVC MP-XP741 von 2006 liegt hier noch. Ist halt nicht mehr ganz so up to date und das Linux ist auch schon ein paar Tage nicht aktualisiert worden… Ich nutze als Rechner aber tatsächlich ganz klassisch einen PC. Den habe ich immer wieder erweitert mit Festplatten/SSD und RAM. Und alles was länger als ein paar Minuten dauert mache ich eh am Schreibtisch. Am Sofa schnell mal was machen ist praktisch, aber einen Artikel wie diesen würde ich nie so tippen. Dafür ist mir mein Rücken zu schade.
Den PC habe ich also und der zweite wichtige Punkt ist, dass ich praktisch nicht zwei gleichwertige Geräte wie einen PC und Laptop parallel pflegen und aktuell halten würde. System- und Programmupdates sicher, aber ein Gerät wäre immer das Hauptgerät und das Andere hätte nicht alle Daten, im Detail eine andere Konfiguration und wäre eigentlich überflüssig. Ich brauche nicht zwei im Prinzip gleichwertige Geräte.
Ein Laptop oder Notebook wäre so lange ausquartiert aber schon praktisch gewesen. So musste es halt mit Smartphone, Tablet und einem Raspberry Pi gehen. Letzterer lag mitsamt der Fritzbox in der Wohnungsbaustelle in einer Plastiktüte um bei den Renovierungsarbeiten nicht beschädigt zu werden. So hatte ich aber zumindest ein “richtiges” (Arch) Linux im Zugriff.
Aber der Zustand nervte schon sehr und ich war kurz davor, mir doch ein Notebook zu kaufen. Ein refurbished Thinkpad hatte ich mir schon rausgesucht. Der ganze Black Friday/Cybermonday Angebotsirrsin näherte sich und ich war zu dem Entschluss gekommen, mir entweder ein refurbished Businessgerät zu holen oder evtl. ein neues Schnäppchen. Es sei denn, das Chromebook über das Volker geschrieben hatte, kommt ins Angebot. Denn das fand ich schon damals interessant, aber war seitdem verdammt preisstabil. Und ich hatte ja keine Not. Damals, vor der Flut…
Und siehe da, ein paar Tage vor dem Black Friday kam bei Amazon das Lenovo Chromebook C340-11 ins Angebot. Und ich habe beschlossen, es damit zu probieren. Und auch nach über 2 Monaten sehe ich es als die ideale Ergänzung für meine Nutzung…
Chromebooks sind als Geräteklasse schon älter, vor 10 Jahren hat Google sie als “Einfachlaptops” eingeführt. Wenn man eh komplett online arbeitet sollte ein Browser reichen. Das ist heute in Deutschland vielleicht in Großstädten oder an Orten mit gesicherter Onlineverbindung machbar, in den USA war das schon vor 10 Jahren weit genug, eine neue Geräteklasse zu erfinden.
In den USA – und wie ich hörte auch in Schweden – sind Chromebooks vor allem in den Schulen normal. Einfach, günstig und da sie noch immer grösstenteils online arbeiten muss man sich nur anmelden und hat seine gewohnte Umgebung, Mails, Dateien usw..
Chromebooks haben sich aber deutlich weiter entwickelt. Hardwareseitig geht es bis in die High-End Laptopklasse, für mich wichtiger ist aber die Softwareseite: Erst kam integrierter Speicher zum offline arbeiten hinzu, wichtiger aber: Chrome OS führt seit 2017 Android-Programme aus und seit letztem Jahr auch nativ Linuxprogramme. Das Chrome OS basiert (wie Android auch) auf einem Linux-Kernel, da ist das kein Hexenwerk. Androidprogramme laufen einfach, für die Linuxprogramme wird im Hintergrund ein Container mit Debian gestartet, die Programme laufen dann aber auch ganz normal.
Linux und Android – das ist genau das, was ich zu 97,8% nutze! Und das ist auch der Grund, warum das Chromebook für mich heute so gut funktioniert. Ohne Android und Linux wäre die Nutzung für mich zu eingeschränkt.
Das C340-11 ist ein Convertible, das bedeutet es sieht erstmal aus wie ein normaler (kleiner) Laptop aber man kann das Display “umschlagen”, so dass man es als Tablet nutzen kann. Das Chrome OS deaktiviert dann automatisch die nun auf der Rückseite liegende Tastatur und aktiviert eine Tabletansicht des Launchers, so dass man es wirklich wie ein Tablet nutzen kann.
Auf halbem Weg kann man das Chromebook auch wie ein Zelt aufstellen und so z.B. Filme gucken. Auch hierbei wird die Tastatur deaktiviert und der Bildschirminhalt um 180° rotiert.
Ich habe nun also ein Gerät, das sowohl ein einfacher Laptop als auch Tablet ist. Es ist leistungsmässig keinesfalls eine Konkurrenz zu meinem PC, es ergänzt ihn aber wunderbar. Kleinigkeiten mache ich am Chromebook durchaus auf der Couch, für “mehr” gehe ich dann aber an den Schreibtisch.
Das Betriebssystem ist darauf ausgelegt online zu arbeiten, das muss aber nicht zwangsläufig mit den Google Diensten sein. In den Dateibrowser habe ich einfach meinen Raspberry Pi eingebunden und speichere Dinge auf der daran angschlossenen Festplatte. Da kann ich auch vom PC her einfach drauf zugreifen. Dessen Platte könnte ich natürlich auch einbinden, aber dann müsste der auch eingeschaltet sein. Der Pi läuft eh 24/7. Das Gerät hat aber auch genug (erweiterbaren) Speicher eingebaut, um offline arbeiten zu können.
Ebenso eingebunden habe ich die Nextcloud-Installation auf meinem Webspace. Nextcloud ist auch ein gutes Beispiel für die Android-Integration in Chrome OS: Für Androidprogramme ist Chrome OS eine weitere Geräteklasse wie “Smartphone” oder “Tablet”. Und sie können angepasst reagieren (oder die System-APIs setzen es um). Von Haus aus integriert sich die Android-Version von Nextcloud schon in den Dateibrowser von Chrome OS. Man kann Nextcloud-Accounts gleichberechtigt neben dem Google-Drive Laufwerk haben.
Wirklich anders reagiert hat Nextcloud aber, als ich eine 128GB SD-Karte in das Chromebook gesteckt habe: ohne weiteres zutun hat es quasi in einen “PC-Modus” umgeschaltet und angefangen, die Dateien aus der Nextcloud zu synchronisieren statt wie beim Smartphone nur explizit ausgewählte Dateien.
Es mag einfach ein geschickter Cachingmechanismus sein, aber Androidprogramme in Chrome OS verhalten sich sehr natürlich. Sie starten beim ersten mal als Hochkant-Fenster wie auf dem Smartphone, man kann es einfach maximieren wie auf einem Tablet oder auch frei in der Größe verändern wie auf einem PC. Und es funktioniert einfach.
Die Linuxunterstützung wird wie erwähnt durch eine Debianumgebung realisiert, die im Hintergrund läuft. Das Linux hat eine eigene virtuelle Festplatte, auf die das Chrome OS ganz normal zugreifen kann. Die SD-Karte ist ganz normal gemountet, die USB-unterstützung ist noch im fluss. Auf Android-Geräte kann man direkt aus dem Linux zugreifen, Wechselmedien werden als Verzeichnis gemountet. Zugriff auf das USB Gerät gibt es ansonsten nicht direkt für das Linux, da soll man aber auch etwas tricksen können. Final ist an der Stelle noch nichts und da ich es ehrlich gesagt noch nicht gebraucht habe, habe ich mich nicht näher damit beschäftigt.
Ansonsten ist es ein ziemlich normales Debian Buster. Programme, die man als .deb installiert erscheinen ganz normal im Launcher von Chrome OS und laufen transparent auf der Oberfläche. Der erste Start eines Linuxprogramms dauert ewas länger, weil im Hintergrund erst der Container gestartet wird.
Das mit dem Linuxcontainer hat auch reichlich Potenzial: Chrome OS kann mehrere parallel Containter verwalten und man kann sie auch wie virtuelle Maschinen verwalten. So habe ich schon einen Container mit Arch Linux parallel angelegt und hatte ich Chrome OS 78 den Standardcontainer auf Buster aktualisiert. Das kam “offiziell” erst mit Chrome OS 80. Da kann man wirklich viel mit spielen, muss es aber nicht. Linuxprogramme laufen fast genauso wie Androidprogramme einfach ganz natürlich. Die Integration von Android ist wirklich perfekt, Linux noch nicht ganz aber so gut, dass man es einfach nutzen kann. Da auch Android technisch als Container läuft dürfte die Intergration mit der Zeit auch noch die letzen Kanten verlieren.
Ich benutze Androidprogramme, Linuxprogramme und Chrome OS Programme bzw. Webansichten völlig durch- und miteinander. Das Gerät selbst zu 2/3 der Zeit wie ein Laptop und 1/3 wie ein Tablet. Als “Videozelt” bisher kaum. Chrome OS taugt wunderbar als ressourcenschonendes System, wer ansonsten Android und Linux nutzt, wie ich es tue, bekommt instantan ein fertig nutzbares Gerät.
Alle anderen im übrigen auch, das System bootet in ~7 Sekunden zum Login. Anmelden kann man sich mit jedem Google-Account (kann man auch einschränken) und man sieht nach ein paar weiteren Sekunden seine Google-Umgebung mit E-Mail, Dateien, Chrome-Addons und Bookmarks usw.. Die ganzen Google Dienste muss man aber nicht benutzen. Das System ist darauf ausgelegt und wenn man sie nutzt kann man sich wirklich an jedem Chrome OS Gerät anmelden und sofort losarbeiten. Das macht es (in anderen Ländern) auch so beliebt an Schulen. Das einzige, was man von Google wirklich nutzen muss, ist der Login.
Chrome OS hat mich wirlich sehr positiv überrascht und überzeugt. Das Chromebook ist in meinen Augen genau das, was ich mir von einem Tablet versprochen habe. Als Tablet ist es mit ~1kg zwar relativ schwer, aber als Gerät ist es wie Tablet nutzbar oder wie ein Laptop. Die Wechselmöglichkeit nutze ich sehr gern und ich hätte das Verhältnis vorher genau andersrum vermutet. Aber ist ja wurscht, das umklappen dauert ‘ne Sekunde.
Systemupdates kommen von Google und das regelmässig und garantiert. Die Chromebooks ist der Generation 2019 wie meines bekommen garantierte Systemupdates für 6,5 Jahre. In den Einstellungen kann ich sehen, dass meines bis mindestens Juni 2026(!) versorgt wird. Das ist vermutlich länger, als man die Hardware nutzen mnöchte. Den Zeitraum hat Google gerade verändert: Chromebooks, die 2020 erscheinen, erhalten 8 Jahre Supportgarantie. Man hat dabei die Wahl zwischen den Kanälen “Stabil”, “Beta” und “Entwickler”. Stabil bekommt monatlich Updates, der Beta-Kanal, auf dem ich bin, alle 1-2 Wochen. Entwickler habe ich nicht ausprobiert, der kann explizit auch instabil sein. Mit Beta fahre ich gut. Standard ist natürlich stabil.
Insgesamt kann ich Chrome OS wirklich empfehlen, wenn man nicht den Google Account schon grundsätzlich ablehnt. Allerdings auch erst dadurch, dass
Zur Hardware hab ich noch gar nichts geschrieben. Sie ist für mich auch eher nebensächlich. Die Bauform als Convertible ist praktisch, darauf würde ich mittlerweile tatsächlich Wert legen.
Ursprünglich setzten die Chromebooks wie Smartphones auf ARM Prozessoren, das C340-11 hat aber einen Intel N4000 (Celeron) Prozessor. Der ARM in der Vorgängergeneration soll teilweise sogar schneller gewesen sein. Die Intel Architektur hat für meine Nutzung den Vorteil, dass gekaufte Linuxprogramme mit ziemlicher Sicherheit einfach funktionieren. Das Softmaker Office, das ich verwende (Textmaker, Planmaker, Presentations) gibt es für Linux nur für Intel, nicht für ARM. Ein ARM Prozessor wäre aber andererseits auch kein Problem, das Softmaker Office gibt es auch für Android und spätestens Open/Libre Office gibt es auch nativ für ARM. Das ist übrigens ein interessantes Beispiel: Textmaker und Planmaker fühlen sich auf dem Chromebook in der Linuxversion besser an, als in der Androidversion. Und das, obwohl ich davon auch die für Tablets optimierte HD-Version habe. Beides geht gut, aber da ich die Wahl habe nehme ich das, was etwas besser ist.
Das C340-11 gewinnt keinen Geschwindigkeitswettbewerb, aber fühlt sich nicht langsam an, sondern eher “genau richtig”. Chrome OS ist sehr ressourcenschonend. Wenn man mehr will ist das aber auch kein Problem, Chromebooks gibt es auch mit i7 Prozessor, 1TB SSD und 16GB RAM. Muss man hierzulande allerdings suchen, hier greift man in der Preis- und Leistungsklasse zum normalen Laptop.
Ansonsten ist mein “Kleines” mit 64GB Speicher und 4GB RAM ausgestattet. An Schnittstellen gibt es 4 USB 3.1 Schnittstellen, je 2 als USB-A und USB-C Buchsen. Letztere können beide zum laden genutzt werden und auch beide via Adapter ein Videosignal für externe Monitor ausgeben. In 4K und das auch gleichzeitig, so dass man mit dem integrieten Display 3 Monitore gleichzeitig nutzen kann. Daneben gibt es einen Slot für Micro-SD Karten zur Speichererweiterung, eine 3,5mm Klinkenbuchse für Kopfhörer, Lautstärketasten und ein Kensington-Schloss. Verbindung gibt es via WLAN (AC) und Bluetooth.
Das Touchdisplay ist 11,6” klein, ich mag die Größe. Es könnte zwar größer sein im Gehäuse, aber die altmodischen schwarzen Ränder nimmt man bei der Benutzung nicht wirklich wahr. Über dem Display ist noch eine Webcam für Videotelefonie, ein Fotoapperat ist das Ding also nicht.
Die (unbeleuchtete) Tastatur ist für die Preisklasse ordentlich, das Touchpad funktioniert auch sehr gut inklusive Multitouch. Das Gehäuse selbst besteht aus Metall und Kunststoff und wirkt deutlich wertiger und verwindungssteifer, als man der oder auch der nächsthöheren Preisklasse zutrauen würde. Das schafft Vertrauen, dass das Gerät selbst auch tatsächlich das Ende des Supportzeitraums erleben wird.
So, viel mehr geschrieben, als gedacht und geplant. Sehr viel mehr. Das kommt wohl daher, dass ich im letzten halben Jahr gar nichts geschrieben habe. Und gefühlt habe ich bestimmt die Hälfte vergesen, wenn Du also noch Fragen hast gib mir die Gelegenheit, sie zu beantworten und noch mehr zu schreiben
Kommentare
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Dirk Deimeke am :
Spannend, danke für den Artikel.
Vor einigen Jahren habe ich mich von einem fest installierten Rechner verabschiedet und habe stattdessen in ein Notebook mit Dockingstation investiert.
Zu Hause arbeitet es perfekt am grossen Monitor mit vernünftiger Tastatur und Maus. Unterwegs eben als Notebook oder als Präsentationsgerät mit einem Beamer.
Die Dockingstation ist wichtig, weil dann mit dem Eindocken alle Peripherie zur Verfügung steht und nicht “zig” Kabel angeschlossen werden müssen.
Ich möchte die Flexibilität nicht mehr missen, muss aber auch dazu sagen, dass ich kein Spieler bin. Wenn ich das wäre, würde ich aber vermutlich eher auf eine Konsole setzen.
rowi am :
Ja, wenn ich den PC ersetze, dann vermutlich auch gegen ein Notebook mit Dockingstation.
Momentan bin ich noch etwas unschüssig was das hin- und hertragen zwischen Schreibtisch und Sofa angeht und wie der Akku darauf reagiert, wenn er immer wieder kurz oder auch tagelang am Stück geladen wird.
Derzeit ist das aber noch kein Thema, der PC momentan gut ausgestattet und das Chromebook ist für meine Zwecke die ideale Ergänzung
Dirk Deimeke am :
Mein Notebook ist mittlerweile knapp vier Jahre alt und hat noch den ersten Akku:
“Battery 0: design capacity 7200 mAh, last full capacity 6535 mAh = 90%”
Hauptanwendungszweck ist Arbeiten in der Dockingstation.
Ein neuer Akku würde mich etwa 110 EUR kosten, was ich durchaus verschmerzen könnte, ich sehe aber derzeit noch nicht die Notwendigkeit.
Dirk Deimeke am :
Nachtrag: Das war der offizielle Preis von Dell. Ich würde den Akku auch für rund 70 CHF (rund 64 EUR) bekommen.
Viktoria am :
Ich bin schon seit Jahren leider an Apple gebunden. Ich habe ein Macbook und will auf Windows umsteigen, doch es geht nicht. Schade..
Dirk Deimeke am :
Woran hängt es? Warum kannst Du nicht umsteigen?
Laura am :
Es ist halt so. Ich habs auch versucht, doch der Umstieg ist mir nicht gelungen. Vielleicht muss ich diesbezüglich zum Psychologen.
Bert am :
Du beschreibst zwar nicht, woran es gelegen hat, dass der Umstieg nicht geklappt hat, aber zum Psychologen musst du vielleicht eher, weil du einen Umstieg vom Mac auf Windows erwägst
Ich nutze zwar selber Linux, aber das Apple Betriebssystem (OS X ist ja quasi auch ein Unix-System) wäre meine zweite Wahl … Windows erst ganz hinten an.
Mein nächster Schlepptop wird aber bestimmt auch ein Chromebook!!!